Schweizer Immobilien AG

Informieren Sie sich hier zu folgenden Themen:

 

  • Schweizer Immobilien AG   verdeckter Immobilienerwerb
  • Immobilien AG Nachlass Erbfall
  • Inhaberaktie, Legitimation Besitzer Aktionär
  • Treuhänder Immobilien AG
  • Klage gegen Miterben Aktienbesitzer

1. Verdecker Erwerb von Immobilieneigentum in der Schweiz

Seit der Nachkriegszeit war die Immobilien AG ein beliebtes Gestaltungsinstrument bei Ausländern für den verdeckten Erwerb von Immobilieneigentum in der Schweiz. Mit einer Immobilien AG wurden auch viele Deutsche anonym zu Eigentümern von Immobilien in der Schweiz. Die Gründung der Immobilien AG diente allein dem Zweck, dass die Aktiengesellschaft als juristische Person im Grundbuch als Eigentümer der Immobilie ausgewiesen war. Auch aus dem Handelsregister waren die Personen der Aktionäre nicht erkennbar, sondern lediglich die Verwaltungsratsmitglieder. Man engagierte drei Schweizer als „Strohmänner“, die als Treuhänder die Immobilien AG förmlich gründeten und die Eintragung der Immobilien AG mit einem geringen Aktienkapital im Handelsregister besorgten. Zum Verwaltungsrat (Vorstand) wurde ebenfalls ein treuhänderisch gebundener Schweizer ernannt. Nach früherem Schweizerischem Aktienrecht musste der Verwaltungsrat zugleich auch Aktionär der Immobilien AG und mindestens eine Pflichtaktie übernehmen. Nach der Eintragung ins Handelsregister erhielt die nur mit einem geringen Grundkapital ausgestattete Immobilien AG die erforderlichen Geldmittel für den Erwerb von Immobilien durch ein Darlehen des ausländischen „Gründers“ oder von einer Schweizer Bank. Erforderliche Sicherheiten für diesen Kredit an die Immobilien AG stellte der anonym bleibende Ausländer gegenüber der Bank.

 

Die Schweizer höchstrichterliche Rechtsprechung versagte zwar „Strohmanngründungen“ von Anfang an die steuerliche Anerkennung und stellte fest: „ Juristische Personen, deren Gründung oder Bestand lediglich der Steuerumgehung und Steuerverschiebung dient, haben keinen Anspruch auf steuerliche Anerkennung; Ihre Einkünfte und Vermögenswerte können demjenigen zugerechnet werden, welchem sie tatsächlich zustehen.“ (Schweizerisches Bundesgericht im Fall einer Immobiliengesellschaft, die mit einem nominalen Grundkapital von nur 60.000,- CHF eine Immobilie im Wert von 2.250.000,- CHF erwarb  – BGE 90/217; zur Stellung des Strohmanns als ausschließlicher Träger der Aktionärsrechte siehe aber BGE 123 IV 132). Gleichwohl vertrauten die Beteiligten darauf, dass diese „Strohmanngründungen“ nicht bekannt werden. Im Erbfall allerdings droht unter zerstrittenen Erben die Aufdeckung solcher Umgehungskonstruktionen - mit allen steuerlichen Konsequenzen aus Schweizer und deutscher Sicht, bis hin zur drohenden Zwangsversteigerung der Immobilie wegen Verstoß des verdeckten Immobilienerwerbs gegen das Bewilligungsgesetz.             

2. Ausgabe von Inhaberaktien an der  Schweizer Immobilen AG

Zur Wahrung der Anonymität und zur Erleichterung des Wechsels der Inhaberrechte an Aktien gab die Immobilien AG sog. Inhaberaktien aus. Bei Inhaberaktien genügt für den Nachweis der Aktionärsstellung gegenüber dem Verwaltungsrat die Vorlage der Aktienurkunde.  Auch für die Übertragung der Aktionärsrechte genügt allein die Übergabe der Aktienurkunde an den Erwerber. Damit wurde im Gegensatz zu Namensaktien vermieden, dass die Immobilien AG ein Aktienbuch führt, in dem jeder Aktionäre namentlich aufgeführt wird. War die Immobilien AG im Handelsregister eingetragen und hatte das Grundstück auf ihren Firmennamen erworben, konnten die Aktionärsrechte und damit mittelbar die Rechte an dem Immobilienbesitz der AG durch einfache Übergabe der Aktienzertifikate an den Erwerber vollzogen werden – ohne Notariatsakt und ohne dass die Transaktion aus dem Grundbuch oder dem Handelsregister ersichtlich war. Seit 2015 sind nicht börsennotierte Schweizer Aktiengesellschaften verpflichtet, ein Register über die Inhaber von Inhaberaktien zu führen.

3. Verlust des Kontakts zum Treuhänder und Verwaltungsrat der schweizer immobilien AG

Als Folge der „Weißgeldstrategie“ und der Pflicht zur Führung des Registers über die Inhaber von Aktien wurden die Schweizer Treuhänder immer mehr von den Banken gedrängt, die wahren Berechtigten an den Immobilien AGs offenzulegen. Dies war insofern bemerkenswert, als den Banken die Identität ihrer ausländischen Kunden von Anfang an selbst bekannt war. Denn mit diesen hatten sie die Finanzierung des Immobilienerwerbs durch die Immobilien AG arrangiert.

 

Bedenkt man, dass viele Schweizer Immobilien AGs schon in den Fünfziger- und Sechzigerjahren gegründet wurden, ist leicht vorstellbar, dass die Aktionärsrechte inzwischen über Generationen unkontrolliert durch viele Hände gegangen sein können. Auch waren nach und nach viele Verwaltungsräte und Treuhänder im Amt, die letztlich nicht mehr über vollständige Geschäftsunterlagen der von ihnen geführten Gesellschaft verfügten und denen die Identität der Aktionäre nicht mehr geläufig war. Der persönliche Kontakt zum Klienten, dem eigentlichen „Gründer“ der Immobilien AG war abgerissen. Wegen des geänderten ethischen Klimas sind Verwaltungsräte und Treuhänder gegenwärtig bestrebt, ihre Mandate für Schweizer Immobilien AGs abzugeben. Über Jahrzehnte hatte man ausländischen Klienten bereitwillig damit gedient, personell und organisatorisch ein gut funktionierendes juristisches Scheinkonstrukt für eine anonyme Anlage ihrer Gelder in werthaltige Schweizer Immobilien zu organisieren. Nun wird dies den Investoren und Ihren Erben zum Vorwurf gemacht. Es sind Fälle bekannt, in denen die Verwaltungsräte von Immobilien AGs in Begleitung von Schweizer Rechtsanwälten und Notaren zu potentiellen Erben von Aktionären nach Deutschland reisten, um auf ein angebliches Bedürfnis zur Offenlegung des wahren wirtschaftlich Berechtigten an der Immobilien AG zu hinzuweisen. Als Alternative zur Offenlegung wurde mit der Liquidation AG gedroht und vorgeschlagen, die Aktien an der Immobilien AG auf einen Schweizer Erwerber zu übertragen, der nicht auf Anonymität angewiesen ist. Die Betroffenen haben zu bedenken, dass solche Handlungsempfehlungen der Schweizer Treuhänder und Verwaltungsräte nur deren Selbstschutz dienten. 

4. Inhaberaktien der Schweizer Immobilien AG - Missbrauch

Das Papier der Aktienurkunden an einer Immobilen AG verkörpern meist ein beträchtliches real existierendes Immobilienvermögen in der Schweiz.

a) Gutglaubensschutz des Schweizer Aktienrechts

Nach dem Schweizer Obligationenrecht kann bei Inhaberaktien die Aktionärsrechte in der Generalversammlung der AG nur derjenige ausüben, der sich gegenüber dem Verwaltungsrat als Besitzer ausweist, indem er die Aktienzertifikate vorlegt. Aber die Vorlage der Aktienurkunde genügt. Sie allein dient der Legitimation des Besitzers als Aktionär. Bei Vorlage von Aktienzertifikaten darf die Verwaltung grundsätzlich keine weiteren Nachweise für die Legitimation verlangen und muss den Vorleger als Aktionär uneingeschränkt anerkennen (BGE 123 IV 132). Die ist das Prinzip des aktienrechtlichen Gutglaubensschutzes.

b) Gültige Rechtsgrundlage für den Besitz der Aktie an der Schweizer Immobilien AG

Auf einem anderen Blatt steht aber, ob der Besitzer die Aktienurkunden zu Recht besitzt. Denn der Aktienbesitz muss auf einer gültigen Rechtsgrundlage beruhen. Bei der ursprünglichen Gründung der Immobilien AG erlangt der Erstaktionär diese Legitimation durch die Ausgabe der Aktien an ihn. Ist der Erstaktionär Treuhänder für einen anonym bleibenden Ausländer, muss er an diesen die Inhaberaktien auf Verlangen herausgeben. Das Treuhandverhältnis und seine Beendigung bilden dann die Rechtsgrundlage für den rechtmäßigen Erwerb der Aktienurkunden durch den Treugeber. Rechtsgrundlage für den Besitzübergang können auch andere Verpflichtungsgeschäfte sein, wie z.B. ein Verkauf der Aktien oder eine Schenkung der Aktien. Wer aber Inhaberaktien z.B. aus dem Schreibtisch des Erblassers stiehlt oder unterschlägt, erlangt zwar (unrechtmäßigen) Besitz an den Aktien, nicht aber die Aktionärsrechte.

c) Keine Pflicht für die Verwaltung der Schweizer Immobilien AG, die Legitimation des Aktienbesitzers nachzuprüfen

Aus Sicht der Immobilien AG gilt: Die Verwaltung der Immobilien AG kann nicht stets wissen, ob der Besitzer und Vorleger einer Aktie auch rechtmäßig Aktionär ist. Nur ausnahmsweise sind die Verwaltung und insbesondere der Verwaltungsrat der AG deshalb verpflichtet, bei Inhaberaktien die materielle Legitimation ihres Aktienbesitzers zu überprüfen und ihm gegebenenfalls die Ausübung der Aktionärsrechte zu verbieten. Nur dann, wenn der Verwaltungsrat arglistig handelt und die fehlende Berechtigung selbst kennt, oder wenn er grob fahrlässig deutliche Hinweise auf die fehlende Legitimation ignoriert, z.B., wenn die Aktien gestohlen wurden. Dann sind Beschlüsse der Generalversammlung nichtig, und der Verwaltungsrat macht sich gegenüber dem wahren Aktionär schadensersatzpflichtig. Übergeht der Verwaltungsrat die Beteiligungs- und Bezugsrechte der wahren Aktionäre bewusst oder grob fahrlässig, kann er von diesen auf Schadensersatz verklagt werden.

 

Wer Inhaberaktien einer Immobilen AG dem Erblasser oder aus dem Nachlass entwendet oder unterschlägt und Beschlüsse der Generalversammlung herbeiführt, begeht nach Schweizer Strafrecht auch eine Falschbeurkundung.

5. Inhaberaktien an einer Schweizer Immobilien AG im Erbfall

a) Die Erben sind Rechtsnachfolger des Aktionärs der Immobilien AG

Im Erbfall erlangen der Erbe oder die Erbengemeinschaft zwar automatisch die Aktionärsstellung des Erblassers an der Immobilien AG (Grundsatz der Universalrechtsnachfolge). Folglich steht den Erben ein Herausgabeanspruch an den Inhaberaktien gegen jeden zu, der die Aktien zu Unrecht besitzt. Auch untereinander steht den Mitgliedern einer Erbengemeinschaft ein Auskunftsanspruch über den Verbleib von Erbschaftsgegenständen zu (§ 2039 BGB). In der Praxis kommt es jedoch nicht selten vor, dass einzelne Erben oder außenstehende Personen im Besitz der Inhaberaktien sind und behaupten, der der Erblasser hätte ihnen die Aktien früher einmal geschenkt oder sonst wie übertragen und deshalb seien die Aktien überhaupt keine Erbschaftsgegenstände.

 

b) Klage der Miterben gegen den Besitzer der Inhaberaktien an der Schweizer Immobilien AG

Einen solchen Fall hatte der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 19. 1. 1994 – IV ZR 207/92 – zu entscheiden:

 

Ein in Deutschland verstorbener Erblasser war Aktionär von Aktiengesellschaften  in Zürich/Schweiz und Vaduz/Liechtenstein. Bei seinem Tod war ein Mitglied der Erbengemeinschaft alleiniger Besitzer dieser Aktien. Er behauptete, der Erblasser hätte ihm diese Aktien schon früher in Deutschland durch Schenkung übertragen. Die übrigen Erben klagten auf Auskunft über den Verbleib der Inhaberaktien und auf Herausgabe der Aktienurkunden. Der Bundesgerichtshof wies die Klage ab. Zur Begründung gab der BGH an, dass allein schon der Aktienbesitz des Miterben eine gesetzliche Vermutung gemäß

 

§106 BGB begründet, dass er auch rechtmäßiger Eigentümer der Aktien ist. Deshalb muss der betroffene Erbe im Streitfall nicht weiter beweisen, dass und wie er rechtmäßiger Besitzer der Inhaberaktien wurde. Vielmehr ist es Aufgabe der Miterben, diese gesetzliche Eigentumsvermutung zu erschüttern. Sie müssen den Beweis dafür antreten, dass der Miterbe das Eigentum an den Inhaberaktien nicht wirksam erlangt hat. Sie müssen das Gericht davon überzeugen, dass der Miterbe die Papiere nach dem Erbfall etwa unberechtigt aus einem Safe des Erblassers entnommen hat. Nach diesem BGH-Urteil hat der Besitzer der Inhaberaktien an einer Immobilien AG eine doppelt starke Stellung. Zum einen legitimiert ihn allein schon der Besitz der Aktien gegenüber der Verwaltung der AG als Aktionär. Zum zweiten begründet der Aktienbesitz nach deutschem Sachenrecht zusätzlich eine gesetzliche Vermutung für das rechtmäßige Eigentum an den Aktienurkunden und damit für die Inhaberschaft der Aktionärsstellung.. Wenn den Miterben – ggf. unter Mithilfe des Verwaltungsrats der Immobilien AG – im Streitfall nicht der Beweis gelingt, dass die Aktien gestohlen oder unterschlagen wurden, gehen sie leer aus. Die Befolgung dieser Beweislastregel des BGH  kann im Ergebnis zu ungerechten Entscheidungen mit schweren finanziellen Nachteilen für die wahren Berechtigten an der Schweizer Immobiline AG führen.

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Dr. herter – ihr Rechtsanwalt für den Schweiz-deutschen Erbfall

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