Den Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters nach Vertragskündigung oder bei Erreichen der Altersgrenze errechnet man in 5
Schritten. Besonders sollten Sie auf Berechnungsschritt 5 achten:
Beim ersten Berechnungsschritt wird als Basisjahr die Jahresprovision des Handelsvertreters der 12 Monaten vor Vertragsbeendigung ermittelt - und zwar nur aus Geschäften mit Neukunden, die der Handelsvertreter selbst als Stammkunden akquiriert hat. Provisionen für Bestands- und Altkunden, die der Handelsvertreter übernommen und nicht selbst geworben hat, müssen abgezogen werden. Hat der Handelsvertreter aber Geschäftsbeziehung mit übernommenen Altkunden erheblich erweitert, sind auch diese Provisionen bei der Jahresprovision mitzuzählen. Faustregel ist, dass der Handelsvertreter das Geschäftsvolumen mit den Altkunden mindestens verdoppelt haben muss.
Enthält die Jahresprovision des Handelsvertreters auch Geschäfte des Unternehmers mit sog. Laufkundschaft, die nicht zu Stammkunden wurden (z.B. Franchise- und Tankstellengeschäft), so ist der entsprechende Anteil zu ermitteln und abzuziehen.
Dann ist bei der Jahresprovision der sog. werbende Provisionsanteil abzuziehen. Dies ist der in der Provision evtl. enthaltene Anteil von Auslagen für Betriebs- und Personalkosten des Handelsvertreters.
Im nächsten Schritt ist der Prognosezeitraum zu ermitteln. Hier geht es darum, wie lange die Kundenbeziehungen des Unternehmers zu neu geworbenen Stamm- und Mehrfachkunden wahrscheinlich dauern werden, also die Zeitspanne, in der noch Folgeaufträgen und Folgekäufen dieser Kunden üblicherweise zu erwarten sind. Dies ist entsprechend die Zeitspanne, in der ein Handelsvertreter nach Vertragsbeendigung aus dem vom ihm geworbenen Kundenstamm auch noch Vorteile und Provisionseinnahmen hätte ziehen können. Der Prognosezeitraum ist je nach Branche und vermittelten Produkten/Dienstleistungen unterschiedlich. Als mittleren Prognosezeitraum nimmt die Rechtsprechung 3 bis 5 Jahre an. Je langlebiger das Produkt, umso länger ist der Prognosezeitraum, z.B. PKW über 5 Jahre, Maschinen und Investitionsgüter über 10 Jahre, 4 Jahre bei Franchiseverträgen, bis zu 6 Jahre bei Werbeanzeigen.
Je nach Branche und Produkt unterliegt der vom Handelsvertreter geworbene Kundenstamm einer mehr oder minder großen Fluktuation. Etwas anderes lässt der Bundesgerichtshof nur dann zu, wenn der Handelsvertreter selbst nachweist, dass die Umsätze des Unternehmers mit Stammkunden über einen längeren Zeitraum doch einen gleichbleibenden Anteil seines Gesamtgeschäfts tragen. Die Abwanderungsquote beschreibt die Umsatzminderung pro Jahr, die der Unternehmer durch verlorene Stammkunden voraussichtlich erleidet. Die Ermittlung dieser Quote ist in der Praxis aufwendig und wird im Rechtsstreit durch die Gerichte nur pauschal mit ca. 10 bis 25 % für jedes Jahr des Prognosezeitraums (Schritt 2) geschätzt. Folglich ist für jedes Jahr des Prognosezeitraums die voraussichtliche Umsatzminderung infolge Stammkundenschwund zu berechnen.
Mit dem Handelsvertreterausgleich erhält der Handelsvertreter eine sofortige Einmalzahlung anstelle laufender Provisionszahlungen. Zinsvorteile sind daher anzurechnen. Der Betrag der Abzinsung wird durch die Rechtsprechung aus einem Zinssatz von ca. 3 bis 5 % für jedes Jahr des Prognosezeitraums errechnet.
§ 89 b Abs. 2 HGB begrenzt den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters (Rohausgleich) nach den Berechnungsschritten 1 bis 4 auf eine
durchschnittliche Jahresprovision des zurückliegenden Fünfjahreszeitraums. Achtung: Der Betrag der Kappungsobergrenze umfasst eine gesamte durchschnittliche Jahresbruttoprovision einschließlich
sämtlicher, Vergütungsbestandteile, wie Umsatzsteuer, Provisionen für Untervertreter, Überhangprovisionen, Betriebskostenzuschüssse, Spesen und
Auslagenzuschüsse, Inkasso, Lagerhaltung etc.
Da der nach den Berechnungsschritten 1 bis 4 ermittelte Rohgewinn in vielen Fällen die gesetzliche Kappungsgrenze weit übersteigt (siehe Beispiele
unten) muss der Handelsvertreter den Betrag dieser Höchstgrenze sorgfältig ermittel und wirklich alles hineinpacken, was ihm in den letzten 5 Jahren vor Vetragsbeedigung an Zahlungen des
Unternehmens zugeflossen ist. Die Rechtsprechung ist hier handelsvertreterfreundlich. Hinzugerechnet müssen z.B. auch die sog. Überhangprovisionen, als die Provisionen, die aus weiter laufenden
Verträgen auch nach Beendigung des Handelsvertrtervertages noch zu erwarten gewesen wären.
Die Kappungsgrenze ist also der eigentliche Berechnungsschritt, bei dem der Handelsvertreter Geld herausholen kann.
Vergessen werden darf bei der Ermittlung des Kappungsbetrags auch nicht die Umsatzsteuer. Denn der unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze
ermittelte Ausgleichsanspruch des Handelsvertrters ist nämlich nochmals zuzüglich anwendbarer Umsatzsteuer zu zahlen. Wer dies übersieht, verschenkt schnell 19% seines
Zahlungsanspruchs.
Beispiel Handelsvertreter Ausgleich A:
Die durchschnittliche 5- Jahres- Bruttoprovision des Handelsvertreters war 283.000,- EUR
letzte Jahresprovision mit Stamm- und Mehrfachkunden: 186.000,- EUR
Prognosezeitraum: 4 Jahre / Abwanderungsquote 12 %:
1.Prognosejahr 186.000,- EUR ./. 12% = 163.680,- EUR
2.Prognosejahr 163.680,- EUR ./. 12% = 144.038,- EUR
3. Prognosejahr 144.038,- EUR ./.12% = 126.753,- EUR
4. Prognosejahr 126.753,- EUR ./. 12% = 115.543,- EUR
= Provisionsverlust insgesamt: 550.014,- EUR
./. Abzinsung 20 % (5% pro Jahr) = Rohausgleich 440.011,- EUR
Aber: Kappungsgrenze durchschn. Bruttoprovision = 283.000,- EUR
Beispiel Handelsvertreter Ausgleich B:
Die durchschnittliche 5- Jahresbruttoprovision war 415.000,- EUR
letzte Jahresprovision mit Stamm- und Mehrfachkunden: 372.000,- EUR
./. 15% Laufkunden = 316.200,- EUR
Prognosezeitraum 5 Jahre / Abwanderungsquote 30 %
1.Prognosejahr 316.200,- EUR ./. 30% = 221.340,- EUR
2.Prognosejahr 221.340,- EUR ./. 30% = 154.938,- EUR
3.Prognosejahr 154.938,- EUR ./. 30% = 108.456,- EUR
4.Prognosejahr 108.456,- EUR ./. 30% = 75.919,- EUR
5.Prognosejahr 75.919,- EUR ./. 30% = 53.143,- EUR
=Provisionsverlust insgesamt: 613.796,- EUR
./. Abzinsung 25 % (5 % pro Jahr) = Rohausgleich 460.347,- EUR
aber Kappungsgrenze durchschn. Bruttoprovision 415.000,- EUR
In vielen Fällen liegt der richtig berechnte Rohausgleich über der durchschnittlichen 1-Jahresbruttoprovision, wird aber durch diesen Höchstbetrag begrenzt.
Den Anspruch auf Ausgleich hat der Handelsvertreter auch dann, wenn sein Vertretungsverhältnis aus Altersgründen oder wegen Krankheit endet.
Kein Anspruch auf Handelsvertreterausgleich entsteht aber, wenn der Handelsvertreter den Vertrag selbst ordentlich kündigt.
Auch ist der Handelsvertreterausgleichsanspruch in Gefahr, wenn der Unternehmer wegen einer erheblichen, schwerwiegenden Vertragsverletzung des Handelsvertreters kündigt.
Umgekehrt steht dem Handelsvertreter der Ausgleichsanspruch aber zu, wenn er zur Vertragskündigung wegen einer Vertragsverletzung des Unternehmers veranlasst ist (§ 89b Abs.2, 3 HGB).
Dr. Herter -Ihr Anwalt für den Ausgleichsanspruch. Rufen Sie Rechtsanwalt Dr. Herter an: 069 6300840 -oder lassen Sie sich in einem persönlichen Gespräch ausführlich beraten.
DR. STEFAN HERTER
Rechtsanwalt
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