Selbständiges Beweisverfahren im Maschinenbau


Informieren Sie sich hier zu folgenden Themen:

Gerichtliches Beweisverfahren – Sachverständiger – Gutachten - Beweisführung  Maschine – Prozessführung – Fremdkomponente Zulieferer – Streitverkündung – Ende des Verfahrens

Der Auftakt der gerichtlichen Auseinandersetzung

Die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens durch den Kunden ist meist der Auftakt für die gerichtliche Auseinandersetzung über Nachforderungen und Claims des Kunden. Ziel des selbständigen Beweisverfahrens ist die Feststellung der Ursache und der Verantwortlichkeit für den Mangel einer Maschine oder von Komponenten, sowie die Feststellung der Kosten der Mangelbeseitigung. Die Feststellungen trifft ein öffentlich vereidigten Sachverständiger. Das selbständige Beweisverfahren dient der Vorbereitung eines nachfolgenden Gerichtsverfahrens über Gewährleistungsansprüche des Abnehmers. In diesem Rechtsstreit ist das Gericht dann an das Ergebnis des Beweisverfahrens und insbesondere an die Feststellungen des Sachverständigen gebunden. Es kommt nicht zu einer erneuten Beweisaufnahme. Den Erfolg im Prozess eines Maschinenbauers gegen seinen Kunden kann auch ein Top Anwalt nicht garantieren. Hier kommt es auf das technische Verständnis und eine kluge Prozessführung gleichermaßen an. Aber alles hilft nichts, wenn das Gericht nicht „mitzieht“. Viele meiden den Gerichtsprozess und bevorzugen das Schiedsverfahren. Aber auch dort kann man „Pech“ haben.

Einbindung des Zulieferers in das selbständige Beweisverfahren

Ist die Komponente eines Zulieferers betroffen, muss der Hersteller auch den Zulieferer an dem Beweisverfahren beteiligen, indem er ihm eine sog. Streitverkündung erklärt. Dann wirken das Ergebnis des Beweisverfahrens und die Feststellungen des Sachverständigen in dem nachfolgenden Rechtsstreit auch gegen den Zulieferer. Auf wessen Seite sich der Zulieferer im selbständigen Beweisverfahrens schlägt, bleibt ihm überlassen.

Die Feststellungen des sachverständigen

Die Feststellung durch den Sachverständigen, ob eine Maschine oder eine Komponente vertragsgemäß und mangelfrei ist, hat in 3 Schritten zu erfolgen:

  1. Ist die behauptete Eigenschaft der Maschine im Liefervertrag geregelt?
  2. Ergibt sich aus dem Vertrag kein konkreter Wert, muss durch Vertragsauslegung ermittelt werden, ob ein bestimmter Wert durch die Art der technischen Ausführung, Beschreibungen oder Leistungsverzeichnisse zum Vertragsinhalt geworden ist. Die Auslegung des Vertrags ist Sache des Gerichts, es muss fehlerhafte juristische Vorstellung des Sachverständigen korrigieren.
  3. Ist vertraglich nichts ausdrücklich vereinbart und lässt sich die Frage auch nicht durch Auslegung des Vertrags ermitteln, kommt es auf die anerkannten Regeln der Technik an. Sie sind der vertragliche Mindeststandard, bei dessen Unterschreitung das Werk mangelhaft ist. Nicht selten setzt ein Sachverständiger fehlerhafterweise DIN-Regeln den anerkannten Regeln der Technik gleich. DIN Normen sind jedoch keine Rechtssätze, sondern Empfehlungen privater Vereine oder Organisationen und können keine allgemeine Geltung beanspruchen. DIN-Regeln gelten nur dann, wenn sie ausdrücklich im Vertrag vereinbart wurden.

 

Der Hersteller muss darauf achten, dass der gerichtliche Sachverständige keine unzulässigen verallgemeinernden Aussagen macht, z.B. „alle Komponenten fehlerhaft“ oder „alle Maschinen weisen denselben Fehler auf", obwohl der Sachverständige tatsächlich nur eine einzige Komponente oder nur eine von mehreren gelieferten Maschinen konkret geprüft hat. Zu Art und Ursache eines Defekts ist der Sachverständige darauf festzulegen, dass seine Feststellungen stets nur den geprüften Einzelfall betreffen. Dies lässt dem Hersteller im späteren Prozess noch weitere Argumentationsmöglichkeiten. Will der Sachverständige In seinem Gutachten  aber verallgemeinernde Aussagen treffen, muss er dies im einzelnen auchnachprüfbar begründen.

Das selbständige Beweisverfahren proaktiv betreiben

Für den Ablauf des dem ständigen Beweisverfahrens gibt die Zivilprozessordnung nur wenige Regeln vor. Wichtig ist, dass der Hersteller das Verfahren proaktiv betreibt und mit eigenen Beweisanträgen das Verfahren in seine Richtung lenkt. Über seine Maschine weiß der Hersteller am besten Bescheid. Diesen Wissensvorsprung gilt es auszunutzen.

Ende und Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens

Für das selbständige Beweisverfahren gibt es keinen Endpunkt, wie z. B. ein Urteil im Gerichtsverfahren. Das Beweisverfahren endet mit der Erstattung des Gutachtens durch den Sachverständigen. Die Beteiligten werden durch das Gericht nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dies das Verfahrensende ist. Das Gericht setzt den Beteiligten nur eine Frist zur Stellungnahme und für Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten. Lassen die Beteiligten die Frist verstreichen, endet Beweissicherungsverfahrens damit ohne weiteres. Wer mit dem Sachverständigengutachten nicht einverstanden ist, muss innerhalb der Frist sachgerechte Einwendungen vorbringen und gegebenenfalls die Erstattung von Ergänzungsgutachten verlangen. Auch muss innerhalb der Frist beantragt werden, dass der Sachverständige in einer Verhandlung vor Gericht sein Gutachten zusätzlich mündlich erläutert. Dies gibt nochmals die Möglichkeit, auf den Inhalte eines Sachverständigengutachtens einzuwirken. Auch ist die Gerichtsverhandlung eine nicht zu unterschätzende Möglichkeit, mit Unterstützung des Gerichts und des Sachverständigen einen Vergleich mit der Gegenseite herbeizuführen und damit die gerichtliche Auseinandersetzung zu beenden.


Dr. herter – ihr Rechtsanwalt im Maschinenbau- Prozess