Betriebsbedingte Kündigung


Schon im Stadium der Planung eines Personalabbaus müssen die wichtigsten Spielregeln des Kündigungsschutzrechts und der betriebsbedingten Kündigung bekannt sein und auch befolgt werden. Nur so vermeidet der Arbeitgeber schmerzhafte Niederlagen im Kündigungsschutzprozess.

 

Das müssen Sie wissen:

 

Auf die Begründung kommt es an!

Für die reibungslose Umsetzung vom Entlassungsmaßnahmen und für die effektive Abwehr von Kündigungsschutzklagen kommt es entscheidend auf den Entlassungsgrund an.

 

Beim Entlassungsgrund erfolgt die Argumentation in zwei Schritten:

  1. Es muss zunächst eine Entscheidung der Geschäftsleitung aufgezeigt werden, wie der Betrieb künftig strukturiert sein soll und wie hoch der Arbeitsbedarf ist;
  2. Dann muss nachvollziehbar erläutert werden, dass die geplante Änderung der Betriebsstruktur zum Personalabbau und Wegfall des Arbeitsplatzes des gekündigten Arbeitnehmers führt.

 

Beim Begründungsschritt 1 gilt seit jeher der Grundsatz, dass der Unternehmer in der Entscheidung über die Veränderung innerbetrieblicher Strukturen frei ist. Die Entscheidungsfreiheit des Unternehmers ist durch das Grundgesetz verbrieft. Die Geschäftsleitung ist frei, zu entscheiden ob das Geschäftsfeld des Unternehmens geändert, eingeschränkt oder aufgegeben wird, ob bestimmte Produkte aufgegeben oder neue ins Produktionsprogramm aufgenommen werden, ob die Produktions- und Fertigungsmethoden verändert werden, ob der Produktionsumfang beibehalten, erweitert oder eingeschränkt wird und wie die Einkaufs- und Absatzpolitik gestaltet wird. Letztlich kann die Unternehmensleitung durch eine autonome Entscheidung auch Betriebe schließen und verlegen und teilweise oder vollständig die geschäftlichen Aktivitäten beenden. Deshalb ist der Arbeitgeber grundsätzlich in seiner Entscheidung über den Personalabbau frei. Diese Entscheidungsfreiheit ist die Kehrseite dess Wagnisses und des kaufmännischen Risikos des Unternehmers. Für autonome Entscheidungen braucht sich die Geschäftsleitung in einem Kündigungsschutzprozess nicht gegenüber dem Arbeitsgericht zu rechtfertigen, ob die Maßnahme etwa "vernünftig", "sinnvoll" oder "zweckmäßig" ist. Das Arbeitsgericht darf allenfalls eine Missbrauchskontrolle anstellen, ob die Entscheidung etwa willkürlich ist (BAG 24.6.2004 - 2 AZR 326/03).

 

Der Unterschied zwischen "außerbetrieblich" und "innerbetrieblich" entscheidet über den Erfolg des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess!

Es liegt auf der Hand, dass externe Faktoren, wie die Markt-und Konjunkturentwicklung, das Kundenverhalten und die Entwicklung der Technik die Auslöser für die interne Unternehmensentscheidung sind, wie die Unternehmenspolitik auszurichten und die Betriebsabläufe zu gestalten sind. Deshalb geht ein Beschluss zum Personalabbau oft auf die Veränderung externer Faktoren zurück. Die Finanzkrise ist hierfür das beste Beispiel.

 

Für den Erfolg des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess ist es aber nicht egal, ob er für die betriebsbedingte Kündigung außerbetriebliche oder innerbetriebliche Gründe oder beides angibt. Die Beachtung des Unterschieds ist ganz entscheidend. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes sind die klassischen außerbetrieblichen Gründe des Personalabbaus der Auftragsmangel und der Umsatzrückgang. Innerbetriebliche Gründe sind dagegen alle betrieblichen Maßnahmen der Unternehmensleitung auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet, die sich auf die Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb auswirken.

  • Gibt der Arbeitgeber eine interne, autonome Unternehmensentscheidung als Entlassungsgrund an, muss er zunächst nur nachweisen, dass die Geschäftsleitung einen Beschluss über die Änderung der Betriebsorganisation gefasst hat und dass hierdurch Arbeitsplätze entfallen. Wie gesagt darf das Arbeitsgericht die Zweckmäßigkeit eines solchen Organisationsbeschlusses nicht näher überprüfen. Denn die unternehmerische Entscheidungsfreiheit ist unantastbar. Da Organisationsbeschlüsse der Geschäftsleitung zu dokumentieren und zu protokollieren sind, kann gegenüber dem Gericht der Nachweis des Beschlusses ohne weiteres erbracht werden.
  • Begründet der Arbeitgeber den Personalabbau aber nur mit externen Gründen, wie z.B. Auftragsmangel und Umsatzrückgang, so wird er für alle Einzelheiten und Ursachenzusammenhänge voll beweispflichtig gemacht, das Arbeitsgericht darf dies in allen Einzelheiten nachprüfen und der Arbeitnehmer kann das Vorliegen der externen Gründe und ihre Auswirkungen auf die Arbeitsplätze schlicht "bestreiten". Darin liegt für den Arbeitgeber ein entscheidender Nachteil. Ein Kündigungsschutzverfahren wird hierdurch unnötig aufgebläht und verkompliziert. Der Prozess kann nach jahrelangem Streiten mit allen schmerzhaften Begleitfolgen verloren gehen, weil der Arbeitgeber die hohen Hürden der "Darlegungs- und Beweislast" im Prozess nicht genommen hat. Auch nach Meinung von Richtern geht so eine nicht geringe Zahl von Kündigungsprozessen unnötig für die Arbeitgeber verloren. Mit der vorgeblichen "Arbeitnehmerfreundlichkeit der Arbeitsgerichte" hat dies nichts zu tun, sondern mit Unprofessionalität der Arbeitgeberseite.

 

Bei anstehenden Entlassungen müssen deshalb schon rechtzeitig die Weichen richtig gestellt werden. Spätestens bei der Beteiligung des Betriebsrats vor einer Betriebsänderung oder der Anhörung des Betriebsrats vor Ausspruch einer Kündigung muss der Arbeitgeber zur Ursache des beabsichtigten Personalabbaus Farbe bekennen. Schon damit legt er sich für später fest.

 

Wer die Gründe des Personalabbaus zutreffend und richtig formuliert signalisiert klar, dass er weiß worauf es ankommt und dass er für das weitere Verfahren gut gerüstet ist.

 

Die Faustregel

Als Faustregel für die Unterscheidung zwischen innerbetrieblichen und außerbetrieblichen Entlassungsgründen wird genannt:

  1. Reagiert der Arbeitgeber mit der Entlassung nur auf eine Veränderung externer Faktoren und lässt im übrigen die Organisation seines Betriebes im wesentlichen unverändert, geht die Rechtsprechung von externen Entlassungsgründen aus. Diese muss der Arbeitgeber in vollem Umfang beweisen.
  2. Nimmt der Arbeitgeber eine Veränderung externer Faktoren aber zum Anlass für Organisationsverbesserungen und für eine Veränderung der Betriebsabläufe und fasst einen konkreten Organisationsbeschluss, handelt es sich um interne Entlassungsgründe. Diese darf das Arbeitsgericht nur stark eingeschränkt überprüfen. Das gilt selbstverständlich auch dann, wenn der Unternehmer die Verschlechterung externer Faktoren überhaupt nicht abwartet, sondern proaktiv die Betriebsabläufe optimiert und deswegen Arbeitsplätze abbaut.

 

Varainte 2. ist in der Unternehmenspraxis der eindeutig häufigste Fall. Konsequent sollten betriebsbedingte Entlassungsmaßnahmen nach Möglichkeit auf interne Gründe und einen entsprechenden Organisationsbeschluss der Geschäftsführung gestützt werden, um der grundrechtlich verbrieften Entscheidungsfreiheit des Unternehmers bei der Organisation seines Betriebes Geltung zu verschaffen.

 

betriebsbedingte Kündigung und Abfindung

Ist die betriebsbedingte Kündigung rechtlich einwandfrei und wirksam, hat der betroffene Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Abfindung. So sagt es das KündigungsschutzG. Alles andere ist ein weit verbreiteter Irrtum. Gemäß § 9 KündigungsschutzG steht einem Arbeitnehmer nämlich ein Abfindungsanspruch nur dann zu, wenn das Arbeitsgericht feststellt, dass eine Kündigung tatsächlich rechtswidrig und unwirksam ist.

 

Dass in der Praxis die Zahlung von Abfindungen nach betriebsbedingten Kündigungen gleichwohl gang und gäbe ist, auch wenn der Arbeitgeber "alles richtig gemacht" hat, hat Praktikabilitätsgründe. Auch liegt dies an der begründeten Furcht vor unabsehbar langen und komplizierten Kündigungsschutzprozessen.

 

Wer aber die Spielregeln der betriebsbedingten Kündigung beherrscht, muss auch in Abfindungsverhandlungen nie bis zum äußersten gehen.